Montag, 22. Juni 2015

Chapeau, Sascha Lobo!


Bedauerlicherweise ist mir Sascha Lobo zuvorgekommen und hat einen ausgezeichneten Blogartikel verfaßt, den ich - hätte er ihn nicht schon geschrieben - an dieser Stelle hätte plazieren müssen.

Das schwer erträgliche Zitat des Innenministers von Baden-Württemberg, Reinhold Gall, kann nur zum Widerspruch anregen. Dieser sagte: "Ich verzichte gerne auf vermeintliche Freiheitsrechte, wenn wir einen Kinderschänder überführen." Und ich verzichte gerne auf einen vermeintlichen Innenminister, wenn dieser meine verfassungsmäßigen Freiheitsrechte nicht schützt. Mit einem stumpfen Schwert gelingt keine Operation am offenen Herzen. Will sagen: Ein Instrument, das von vorn herein nicht tauglich ist, wird durch "Schönreden" nicht besser. Auch wenn ich sonst kein ausgewiesener "Fan" von Herrn Lobo bin: Besser als in diesem Artikel kann man die Unsinnigkeit der Argumentation "pro Vorratsdatenspeicherung-V_2" kaum belegen.

Dabei steht die wichtigste Erkenntnis dieses Artikels eigentlich ziemlich am Ende. Ich erlaube mir, diesen wichtigen Passus etwas gestrafft wiederzugeben: "Die Vorratsdatenspeicherung (...) ist der politische Ausdruck einer immensen Hilflosigkeit gegenüber der digitalen Sphäre."  Genau das ist eigentlich das Grundproblem. Ich möchte mich nicht mit dem eigentlichen Problem befassen, deshalb mache ich etwas anderes. Das erinnert mich irgendwie an unsere aktuelle Flüchtlingsproblematik auf dem Mittelmeer. Hier könnte man zugespitzt sagen: "Ich möchte mich nicht mit Afrika befassen, deshalb schicke ich die Marine". Die Marine schützt aber nicht die Tutsi vor der FDLR im Kongo. Oder bekämpft Al-Shabaab in Somalia. Oder versöhnt in Zentralafrika muslimische Rebellen und christliche Milizen miteinander. Bestenfalls fängt die Marine einen Schleuser ein, der selbst nur Trittbrettfahrer der Problematik ist.

Ähnlich verhält es sich bei der Vorratsdatenspeicherung: Diese bietet eine ähnlich trügerische Sicherheit wie die massenhafte Videoüberwachung im öffentlichen Raum (Beispiel Großbritannien). Eine Videokamera kommt mir leider nicht zu Hilfe, wenn drei angetrunkene Rüpel in der U-Bahn gerade im Nachbarabteil jemanden vertrimmen wollen. Aber wenn die Kameras schon mal da sind, kann man damit auch prima andere "Verstöße" ahnden. So werden in London mittels "CCTV" bereits Parktickets ausgestellt und kleinere Verkehrsverstöße geahndet. Denn wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, dauernd beobachtet zu werden, ist jeder weitere Schritt nur noch ein kleiner.
Die Vorratsdatenspeicherung bekämpft keine Schwerkriminalität. Sie ist dazu weder erforderlich, noch geeignet. Aber wenn sie erst mal da ist... wer weiß, welche "digitalen Parkverstöße" man damit in Zukunft sonst noch ahnden kann...!

Links: 
Blog Sascha Lobo